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Artikel in der Lausitzer Rundschau über unseren Auftritt am 15.August 09 beim Terrassentheater im Cityhotel Cottbus (zusammen mit dem "Dreier")



Nach der Pause wechseln die Gefühle

Cottbuser Terrassentheater mit Improvisation und Dramatik

Zwei Gesichter hat die BÜHNE acht am Samstag gezeigt. Auf Improvisationen über Alltagsthemen folgte beim Terrassentheater das Beziehungsstück Dreier. Der Wechsel der Gefühlswelten kam gut an.
Wenn der Abend lang, aber das Stück kurz ist, muss sich eine kleine studentische Theatergruppe etwas einfallen lassen. Denn Dreier, die schwarzhumorig-tragische Beziehungskomödie der BÜHNE acht, ist nur knapp 45 Minuten lang. Damit lässt sich kein Abend beim 5.Cottbuser Terrassentheater füllen.
Also holen sich die drei Akteure Verstärkung im eigenen Ensemble. Das Improvisationstheater übernimmt es den ersten Teil des Abends zu gestalten. Die meist jungen Akteure von Rabota Karoshi erfüllen von den Besuchern vorgeschlagene Orte und Situationen mit Leben. Nach kurzem Einzählen steigen die jungen Akteure voll in das Geschehen ein. Mit großem Einsatz von Körper und Geist gelingt es ihnen, die gewünschte Interaktion von Busfahrer und Verkehrspolizisten von einer Minute schrittweise auf eine Sekunde zu komprimieren, wenn auch um den Preis einiger blauer Flecke. Sich ständig wandelnde Szenenketten mit wechselnden Akteuren witzig von einer Alltagssituation zur nächsten springend, überzeugen ebenso wie Sprach- und Buchstabenspiele und Darlegungen von „Professor Allwissend“ zur Miniermotte, ihrem Leben im Kleiderschrank, dem Revier- und Sexualverhalten und dem berühmten Klebstoffspeichel. Völlig neue Aspekte werden verstaubten Hotelzimmern entlockt. Höhepunkt im ersten Teil des Abends ist eine Referenz an den Sporthöhepunkt in Berlin, die Weltmeisterschaft im Rasenmähen. Die Superzeitlupe enthüllt dramatisches Geschehen mit Fouls und tätlichen Attacken, in dem der Sieger durch eiserne Ruhe und überlegene Taktik über seine Gegner und die Lachmuskeln des Publikums triumphiert.

Nach Stärkung des Publikums und Umbau der Bühne zieht dann das sehr temporeiche Beziehungsstück Dreier von Jens Roselt die Zuschauer in seinen Bann. Die Boulevardkomödie mit tragischen Anklängen gönnt Protagonisten und Zuschauern keine Pause zum Atemschöpfen und Nachdenken. Ypsi Ciupack, Benjamin Hantschke und Jojo Lißner verkörpern ein Ehepaar und deren besten Freund, mit dem die Frau seit 2 Jahren ein Verhältnis hat. Eigentlich sind alle Drei viel zu sehr mit sich, den selbst gewählten Rollen und der Arbeit beschäftigt, um sich ehrlich auf einen anderen einzulassen. Zynismus, Ironie, große Worte und Überdruss überdecken und ersticken echte Gefühle. Die Ehefrau, beim Fernsehen arbeitend, ist ständig auf der Suche, was die Zuschauer sehen wollen. Das was sie in ihrer Ehe, ihrem Verhältnis, in ihrme ganzen Alltag erlebt, das ist es jedenfalls nicht, glaubt sie. Ihr Ehemann, ein erfolgreicher Staatsanwalt, sucht für sein Plädoyer in einem Amoklaufprozess nach dem besonderen Kick, der den Sprung in die Politik ermöglicht. Der Liebhaber, ein Augenarzt, den die Patienten und seine Arbeit langweilen, hat einen Schutzwall aus Ironie und Distanz gegenüber anderen Menschen aufgerichtet, der Nähe und Gefühl ausschließt. Nach einem Schäferstündchen, Ehefrau und Liebhaber versichern sich wieder einmal der reinen Körperlichkeit und Belanglosigkeit ihres Verhältnisses, klingelt es an der Tür. Der Ehemann begehrt Einlass, will über das Plädoyer am nächsten Tag reden. Oder weiß er etwas?
Die Frau muss sich entscheiden, den Ehemann mit dem Verhältnis zu konfrontieren, wie es ihr Geliebter zynisch vorschlägt, oder unter dem Bett zu verschwinden. Sie wählt Letzteres und damit die Komödie statt der der Tragödie. Die Männer belauern einander, geben Zweideutiges von sich, Ratten und Tauben werden zum Synonym für alles Hässliche, Überflüssige, das zur Not mit Gift ausgerottet werden muss. Der Staatsanwalt schwelgt nach dem Besuch in einem Imbiss mit Rattensichtung in rechtlichen Allmachtsphantasien von der Rache und Herrschaft aller Anständigen. Das Karussell an Posen, echten und falschen Gefühlen und Bekundungen dreht sich immer rascher. So schnell, dass die Akteure zeitweise die Masken senken und Wahrheiten aussprechen, aber nie in der gleichen Situation. Die Frau verlässt den Liebhaber, er gesteht ihr seine Liebe, aber nur für sich. Sie erklärt ihm später ihre Liebe, obwohl es ihr Mann hören könnte. Doch die Grenzen zwischen Wahrheit, Lügen, Spiel und Wirklichkeit sind für die der Ehrlichkeit entwöhnten Protagonisten längst überschritten. Der Ehemann erklärt die Affäre der Beiden zu einem abgekarteten Spiel, ruft sich zum Sieger über seinen Rivalen aus. Dieser zweifelt, verliert seine übliche ironische Distanz. Der Knoten aus Verwirrungen, Verletztheit, Rat- und Orientierungslosigkeit sowie scheinbarem Triumph lässt sich schließlich nur noch auf eine Weise lösen. „Der Beton hat Risse“, bekundet der Liebhaber zum Schluss mit Blick auf die angekratzte Fassade. Das Stück, in dem Ypsi Ciupack als Ehefrau besonders überzeugt, knüpft an Georg Kreislers Affront gegen taubenfeindliche Mitmenschen „Gehn' wir Tauben vergiften im Park“an. Auf die Bühne gebracht wird die Ausbreitung einer bestimmten Sorte von Menschen, die sich überall und wahllos ihr Futter suchen, die Umwelt mit Phrasen, Zynismus, Lügen und hohlem Gefühlsmüll beschmutzen. Parallelen zum Schicksal der Tauben rängen sich auf. Dreier läuft am 22.August 09 wieder im Terrassentheater.

Artikel in der Lausitzer Rundschau vom 17.8.09 von Ronald Ufer

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